Wir wollen mitmachen! Aber wie?
Um es allen Gruppen, die g*m*g durchführen – egal ob mit viel oder wenig Erfahrung, – leichter zu machen, gibt es ein How-To, das ihr hier nachlesen und herunterladen könnt um den Planungsprozess, die Durchführung und die Nachbereitung zu erleichern.
Im Folgenden findet ihr in diesem Sinne Denkanstöße, Checklisten und Überlegungen, die euch helfen, die Aktionstage auch an eure Hochschule zu bringen. Der HowTo-Reader ist in diesem Sinne ein work-in-progress und wir freuen uns über alle Anmerkungen, Hinweise und Materialien, die ihr habt.
Die Aktionstage gesellschaft*macht*geschlecht
Seit 2005 finden jeden November die Aktionstage gesellschaft*macht*geschlecht statt. Mit einem Mix aus Kultur, Politik und Diskussion soll das Thema Sexismus und Homophobie in der Gesellschaft sowie an Hochschulen thematisiert werden. Auch die Hochschule ist kein von gesellschaftlichen Machtstrukturen freier Raum. Gesellschaft macht Geschlecht, und Macht führt weiterhin zu Diskriminierungen, trotz allen Erfolgsmeldungen der Gleichberechtigung. Die Aktionstage werden an den einzelnen Hochschulen zumeist durch die Studierendenvertretung und einzelne Referate (Frauen-, Lesben-, Schwulen-, Gleichstellungreferate etc.) organisiert. Gegebenenfalls bietet es sich an, die Tage gemeinsam mit dem Kulturreferat oder einer lokalen Initiative zu organisieren. In diesem Jahr ist der gesamte November Aktionsmonat. Das heißt allerdings nicht, dass ihr wortwörtlich jeden Tag eine Veranstaltung machen müsst. Im Rahmen des Aktionsmonats können sowohl tägliche Veranstaltungen stattfinden als auch eine einmalige Lesung oder ein Vortrag. Was ihr macht, bleibt euch überlassen und hängt natürlich von euren Ideen und eurer zeitlichen Verfügbarkeit ab.
Du hast Interesse, bei den diesjährigen Aktionstagen mitzumachen? Am besten schließt du dich mit anderen Menschen in deiner Student*innenvertretung zusammen, zum Beispiel aus queeren/feministischen Referaten, dem Kulturreferat, Fachschaften oder Arbeitskreisen. Überlegt euch, in welchem Umfang ihr Aktionstage auf die Beine stellen möchtet und könnt. Meldet euch beim fzs, unter kein-sexismus@fzs.de und werdet alle Fragen los, die ihr habt. Lasst euch auf die Mailingliste zu den Aktionstagen eintragen. Hier könnt ihr Ideen und Programme austauschen und Fragen stellen an diejenigen, die an anderen Hochschulen Aktionstage ausrichten. Überlegt euch, wer in eurer Stadt noch mitmachen könnte. Warum nicht Kinos und Theater als Verbündete gewinnen? Buchläden, Kneipen, Geschäfte? Warum nicht Redebeiträge und Flugblätter auf einem Konzert? Und warum nicht gemeinsam mit den anderen Beteiligten gemeinsame Forderungen entwickeln? Die Aktionstage können der Anfang für eine zukünftige Zusammenarbeit sein.
Aus eurer politischen Arbeit bzw. durch den Kontakt mit lokalen Initiativen ergeben sich die Forderungen, die ihr auf der lokalen Ebene erhebt. Gibt es an eurer Hochschule oder in eurer Stadt ein ganz besonderes Problem? Setzt vielleicht eure Hochschule immer noch keine Richtlinie gegen sexuelle Belästigung um? Sind die Zuschüsse zur Arbeit der lokalen Schwuleninitiative gestrichen worden? Die Aktionstage können als Podium dienen, diese Probleme vorzustellen und Forderungen zu artikulieren. Zentrale Bedeutung kommt guter Pressearbeit zu – euren lokalen Zeitungen ist solches gesellschaftliches Engagement sicher ein Bericht wert.
Der fzs formuliert Forderungen auf der bundespolitischen Ebene. Er stellt den bundesweiten Rahmen und koordiniert die verschiedenen Aktionstage. Es ist natürlich in unserem gemeinsamen Interesse, dass die Aktionstage bundesweit erkennbar sind. Nur so werden sie wichtig genug, dass auch größere Zeitungen dazu bewegt werden können, über die Kampagne, die lokalen Aktionstage und die Forderungen zu berichten. Der fzs stellt deshalb Materialien zur Verfügung, verbindet euer lokales Programm mit dem der anderen Hochschulen und bringt das Thema so hoffentlich noch höher auf die Agenda.
Checkliste für die Planung der Aktionstage
Konzeptphase
Wann sollen die Veranstaltungen stattfinden?- Wir schlagen euch den November als Aktionsmonat vor. Ob ihr wöchentlich Veranstaltungen machen wollt, euch auf eine Woche beschränkt oder nur eine zentrale Aktion, ist eure Entscheidung.
- 2018 haben wir aus aktuellem Anlass als Oberthemen Frauengesundheit und Schwangerschaftsabbruch vorgeschlagen.
- 2019 wollten wir uns die Frage stellen „Welchen Feminismus wollen wir?“
- 2022 legen wir einen Schwerpunkt auf den Themenkomplex Solidarität
- Es handelt sich bei diesen Schwerpunkten aber nur um einen Vorschlag und eine Orientierung daran ist kein Muss, um unter dem Namen gesellschaft*macht*geschlecht laufen zu können.
Welche Zielgruppe?
Wer ist die Organisationsgruppe?
Terminkalender mit Fristen und Daten erstellen (Roadmap)
Sponsoren und mögliche Forderungen zusammentragen (mehr dazu im Abschnitt Finanzen)
Veranstaltungsorganisation
Teilnehmer*innenkreis (eventuell Emailverteiler einrichten)- An wen wollt ihr euch wenden? Wie wollt ihr diese Menschen erreichen?
- Wo sollen eure Veranstaltungen stattfinden? Was für Ansprüche habt ihr an diese Räumlichkeiten?
Beispieltext für eine Referent*innenanfrage
„Liebe*r/Sehr geehrte*r/ Guten Tag xxx,
die Gruppe xxx beteiligt sich dieses Jahr im November an den Aktionstagen gesellschaft*macht*geschlecht.
Wir, das sind [ein paar Worte zu eurer Gruppe]. Wir suchen gerade zum Thema xxx eine Referent*in, die [eure Vorstellungen zum Vortrag/Workshop]. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie/du diesen Teil unserer Veranstaltungsreihe gestalten würden/würdest.
Zu den Rahmenbedingungen: Die Veranstaltung findet in xxx statt. Wir rechnen mit etwa n-m Teilnehmer*innen, die [ein paar Worte zu eurer Zielgruppe]. Das Format für Ihren/deinen Beitrag würden wir Ihnen/dir offen lassen, ob Sie das Thema anhand eines Workshops, eines Vortrages o.ä. bearbeiten, ist Ihnen/dir also komplett freigestellt/Wir würden uns sehr über einen Workshop/Vortrag freuen. Wir können ein Honorar [ggf. Höhe angeben], Fahrtkosten und eine Unterkunft stellen. Zeitlich kann sich Ihr/dein Beitrag zwischen n und m Minuten bewegen, gerne mit einer offenen Diskussionsrunde am Ende, wofür wir ggf. auch die Moderation übernehmen. Wenn Sie/du noch Fragen zu dem Seminar haben/hast, können/kannst Sie/du sich/dich gern an mich wenden. Ich würde mich sehr über eine positive Rückmeldung freuen.
Feministische Grüße xxx
- Wo sollen eure Veranstaltungen stattfinden? Was für Ansprüche habt ihr an diese Räumlichkeiten?
Fahrplan für die Planung der Aktionstage
Mitte/Ende September
- Wer ist das Orgateam und wie ist es aufgestellt?
- Brainstorming
- Vorläufiges Programm
- Welche Themen?
- Erste Rechereche: Welche möglichen Referent*innen?
- Welche Orte kommen in Frage?
- Layout erarbeiten
Anfang Oktober
- Vorläufiges Programm fertig
- Öffentlichkeitsarbeit (mehr dazu im Abschnitt Öffentlichkeitsarbeit)
- Kontakt mit Referent*innen und Veranstaltungsorten
- Öffentlichkeitsarbeit
- Im Kontakt mit Referent*innen nach … fragen
- Veranstaltungsort
- Materialien zum Auslegen
- ggf. Wechselgeld, Quittungsblock, Honorarverträge etc.
- Teilnehmer*innenlisten, wenn erforderlich
- Für die Dokumentation
- Verpflegung
- Reflexion festhalten und weitergeben
Mitte Oktober
Während der Veranstaltung
Nachbereitung
Gerade in Studi-Projekten gibt es einen starken Personalwechsel von Jahr zu Jahr. Gute Nachbereitung und Dokumentation eurer Arbeit erleichtert es, Arbeitsschritte in den nächsten Jahren zu wiederholen und neuen Aktiven, eure Arbeit fortzusetzen.
Schritt für Schritt durch die Projektplanung
Einfach eine Referentin einladen, Geld beantragen, Flyer drucken und noch ein bisschen Werbung in sozialen Medien machen? Klar, das geht, und für einzelne, spontane Veranstaltungen ist das meistens auch die einfachste und handlichste Herangehensweise. In diesem Abschnitt wollen wir aber einmal Schritt für Schritt die einzelnen Bestandteile einer Projektplanung durchgehen. Gerade bei größer angelegten Veranstaltungsreihen oder Kampagnen ist es hilfreich, sich zusammenzusetzen und etwas Zeit und Geduld zu nehmen, um ein durchdachtes Konzept, eine präzise Planung und einen fundierten Finanzplan auf die Beine zu stellen. Dabei sollen euch die folgenden Ausführungen helfen. Ein weiterer Vorteil dieser Maßnahme: Förderanträge lassen sich mit der Dokumentation dieses Planungsprozesses erheblich flotter schreiben. Im Anhang findet ihr außerdem eine exemplarische Kampagnen- bzw. Veranstaltungsplanung zum Thema „Lesbische Positionen an der Hochschule“.
1. Ziel- und Zielgruppenbestimmung
Zielbestimmung und Problemanalyse
Fragen
- Welches Problem soll bearbeitet werden?
- Woher rührt das Problem?
- Welche Ziele wollen wir erreichen?
- Wen wollen wir erreichen?
- Warum wollen wir diese Gruppen erreichen?
- Welche inhaltlichen Erwartungen haben unsere Zielgruppen?
- Welche Kenntnisse bringen unsere Zielgruppen mit?
- Welche Inhalte tragen dazu bei, unsere Ziele gemeinsam mit unseren Zielgruppen zu erreichen?
- Wie können wir unsere Zielgruppen am besten ansprechen und beteiligen?
- Welche Formate sind für unsere Zielgruppe, unsere Ziele und Inhalte geeignet?
- Welche Ausschlüsse produzieren unsere gewählten Formate?
- Wollen wir diese Ausschlüsse beibehalten?
- Wie können wir die Formate anpassen, um unsere Zielgruppen vollständig zu erreichen?
- Welche Infrastruktur müssen wir dafür bereitstellen?
- Sprache: In welcher Sprache ist die Tonspur? Beherrscht eure Zielgruppe diese Sprache? Sind Untertitel sinnvoll?
- Wollen wir diese Ausschlüsse beibehalten?
- Ton: Gibt es Untertitel für gehörlose oder schwerhörige Menschen? Verfügt ihr über einen Raum mit guter Akustik, Lautsprechern und gegebenenfalls einer Induktionsschleife für Hörhilfen?
- Bild: Gibt es eine Tonspur mit Audiodeskription für blinde oder sehbeeinträchtigte Menschen?
- Kontraste: Arbeitet der Film mit starken hell/dunkel Kontrasten? Wenn ja, ist ein Hinweis bei der Bewerbung und zu Anfang des Filmscreenings sinnvoll.
Mehr dazu
In diesem Schritt steht eine Frage an aller erster Stelle: Was wollt ihr mit eurem Projekt erreichen? Dabei geht es zunächst nicht, sofern ihr eine Reihe plant, um das Ziel jeder einzelnen Veranstaltung, sondern um das Ziel der Reihe. Wenn ihr diese Frage geklärt habt, könnt ihr euch damit befassen, in welchen Teilschritten dieses Ziel erreicht werden kann. Ihr fangt also bei der größten Einheit an und arbeitet euch nach und nach bis auf die Ebene der einzelnen Veranstaltung durch. Wenn ihr diesen Schritt von Anfang bis Ende durchdenkt und die Ergebnisse eurer Diskussion festhaltet, könnt ihr auch später beim Kontakt mit Referent*innen oder Geldgeber*innen, genauer kommunizieren, was ihr mit euren Veranstaltungen bezweckt. Das spart Zeit und Diskussionen zu einem späteren Zeitpunkt, wo eigentlich ganz andere Fragen zu klären sind. Außerdem wird euch schnell auffallen, dass bereits in dieser Phase Recherchearbeit anfällt. Gut formulierte Ziele setzen meistens eine Problemanalyse voraus und diese setzt eine Problemstellung voraus.
Zielgruppenbestimmung
Fragen
Mehr dazu
Die zentrale Frage in diesem Schritt lautet „Wen wollt ihr mit eurer Veranstaltung erreichen?“. Diese Frage steht in engem Bezug zur Frage nach den Zielen der Veranstaltung und der Frage nach der Strategie, um euer Ziel zu erreichen. Auch hier gilt: Mit dem Grobziel anfangen und dann die Teilziele betrachten. Es ist okay, nicht alle Menschen erreichen zu wollen und manchmal ist es sogar notwendig, bestimmte Ausschlüsse auszusprechen. Aber wenn ihr eine Zielgruppe ausgemacht habt, dann gilt es, diese auch möglichst vollständig mit ihren Bedürfnissen und Voraussetzungen zu erfassen.
2. Inhaltliche Planung
Fragen
Mehr dazu
Aus den Zielen und den Zielgruppen lassen sich inhaltliche Anforderungen an die Veranstaltungen ableiten. Es geht noch nicht um die Formate – die kommen erst im nächsten Schritt. Bei der inhaltlichen Planung kommen eure Ziele und die Zielgruppen zusammen. Konkret bedeutet das, dass ihr euch bei jedem Ziel, das ihr festgelegt habt, überlegt, was nicht nur ihr, sondern auch eure Zielgruppe inhaltlich von eurer Veranstaltung mitnehmen wollt. Es geht also auch darum, dass ihr euch in eure Zielgruppe hineinversetzt. Dazu kann es hilfreich sein, ein bisschen im Netz zu stöbern. Noch besser ist es, wenn ihr bereits Kontakte in eure Zielgruppe habt, wenn ihr euch mit ihnen darüber unterhaltet, was sie von einer Veranstaltungsreihe bzw. einer Veranstaltung mit eurem Thema erwarten. Abgesehen von dieser zielgruppenorientierten Herangehensweise geht es schlussendlich darum, welche Inhalte überhaupt dafür dienlich sind, eure Ziele bei eurer Zielgruppe zu erreichen. In die Beantwortung dieser Frage fließen alle Gedanken zu den Zielen, der Zielgruppe, ihren Erwartungen und Kenntnissen und euren inhaltlichen Vorstellungen ein.
3. Planung der Formate
Erste Überlegungen
Jetzt geht es ans Eingemachte: Die Planung der Formate, bzw. die Beantwortung der Frage, wie die Ziele erreicht werden können, auf die ihr euch im ersten Schritt geeinigt habt. Es kann hilfreich sein, bestimmte Vorannahmen zu hinterfragen und nicht aus Prinzip bestimmte Dinge unhinterfragt festzulegen: Macht euch frei von Vorstellungen wie „Bei einer Veranstaltungsreihe muss immer eine Podiumsdiskussion stattfinden.“ oder „Ohne soziale Medien geht es nicht!“.
Fragen
Mehr dazu
Worum geht es? In diesem Schritt fließen alle Ergebnisse der vorangegangenen Schritte zusammen. Ziele + Zielgruppen + Inhalte = Formate also? Ganz so einfach ist es leider nicht. Die Frage nach den Formaten lässt sich nicht so simpel beantworten, weil eure Gedanken zu Zielen, Zielgruppen und Inhalten ja auch nicht so simpel sind. Außerdem bringen Formate bereits ihre eigenen Ein- und Ausschlüsse mit. Es ist aber nicht sinnvoll, sich bei den ersten Überlegungen direkt von den Grenzen bestimmter Formate abschrecken zu lassen. Sammelt erst einmal eure Ideen und versucht dann in einem nächsten Schritt, indem ihr euch auf zu nutzende Formate einigt, diese mit den gesammelten Ideen zusammen zu bringen.
Formate anpassen
Fragen
Mehr dazu
Bei der Anpassung der Formate geht es nicht nur darum, wen welches Format anspricht, sondern auch welche strukturellen und individuellen Bedingungen erfüllt sein müssen, um an den Formaten teilzunehmen.
Dabei können, wie vorhin bereits erläutert, bestimmte Ausschlüsse erwünscht sein, um bestimmte Ziele zu erreichen, andere aber nicht. Wenn ihr zum Beispiel einen Empowerment Workshop für von Rassismus betroffene Menschen organisieren möchtet und deshalb einen BIPoC-only Workshop durchführen möchtet kann der Auschluss von weißen Personen sinnvoll sein.
Herrschaftskritik sollte sowohl im Inhalt als auch in der Form eures Projektes eine Rolle spielen. Jedoch geht die Form eures Projektes über die Formate von Veranstaltungen hinaus. Weitere Hinweise für eine barrierearme Veranstaltungsgestaltung könnt ihr im Abschnitt „Safe und barrierearm veranstalten“ nachlesen.Beispiel: Film
Finanzen
Der erste Schritt für eine gute Finanzplanung ist die Kostenaufstellung. Erst wenn ihr wisst, wie viel Geld ihr ausgeben werdet, wisst ihr auch, wie viel Geld ihr einnehmen müsst, um euer Projekt zu realisieren. Eine gute Kostenaufstellung ist eine realistische Kostenaufstellung. Kosten sollten also weder unter- noch überschätzt werden. Bevor ihr eine Kostenaufstellung machen könnt, solltet ihr wissen, was ihr machen wollt, da für jeden einzelnen Programmpunkt Kosten anfallen. Um erstmal einen Überblick über die anfallenden Aufgaben zu bekommen, ist die Erstellung eines Projektplans hilfreich.
Projektplan
Kostenaufstellung
Üblicherweise wird zwischen Personal- und Sachkosten unterschieden
Personalkosten
Personalkosten sind diejenigen Kosten, die dadurch entstehen, dass ihr Menschen für ihre Arbeit bezahlt. In erster Linie werden darunter Lohn- und Gehaltskosten inkl. aller Abgaben verstanden. In den meisten Fällen werden allerdings Honorare, Tantiemen und Aufwandsentschädigungen auch zu den Personalkosten gezählt. Für längere Projekte, die Fort- bzw. Weiterbildungen erfordern, fallen bei einigen Geldgeber*innen entsprechende Kosten ebenfalls unter Personalkosten.
Was ist bei Referent*innenanfragen zu beachten?
Überlegt euch, bevor ihr eine Anfrage rausschickt, wieviel Geld ihr bereit seid, für das Honorar zu veranschlagen. Es geht dabei nicht darum, unbezahlte Arbeit von Referent*innen einzufordern, sondern darum, sich Gedanken über eine Honorarpolitik in der Gruppe zu machen, die nicht darauf hinausläuft, dass ein höherer Bildungsabschluss und mehr Renommee zu einer höheren Vergütung führen. Eine von diesem üblichen Schema abweichende Honorarpolitik stellt auch eine antiklassistische Intervention in Räumen wie Hochschulen oder anderen öffentlichen Bildungsinstitutionen dar. Dabei können euch folgende Fragen weiterhelfen:
Auf der Seite der Referent*innen:
- Lebt die Person von den Einnahmen der Referent*innentätigkeit?
- Lebt die Person von den Einnahmen der Referent*innentätigkeit?
- Wie sicher/unsicher ist das Hauptarbeitsverhältnis der Person?
Beispiele
Beispiel A
Ihr möchtet eine Person of Color einladen, die momentan zu eurem Thema frei promoviert (also ohne Anstellung) und ein Stipendium dafür bezieht.
Einschätzung: Ihr könnt davon ausgehen, dass diese Person in einer finanziell eher angespannten Situation lebt und deshalb auch auf das Geld aus der Referent*innentätigkeit angewiesen ist.
Beispiel B
Ihr möchtet eine Person einladen, die bereits einen Lehrstuhl an einer deutschen Universität innehat und für das Thema sehr bekannt ist.
Einschätzung: Ihr könnt davon ausgehen, dass die Person von ihrem Hauptverdienst ihren Lebensunterhalt gut bestreiten kann und nicht auf das Geld aus der Referent*innentätigkeit angewiesen ist. Es handelt sich aber trotzdem um Arbeit, die vergütet werden sollte.
Auf der Seite der potenziellen Geldgeber*innen
- Gibt es formale Einschränkungen bezüglich der Höhe von Personalkosten?
Beispiele
Vergütungstabellen bei öffentlichen Trägern:
Einige öffentliche Träger, gerade Kommunen oder Städte, dürfen Personalkosten nur nach Maßgabe von bestimmten Vergütungstabellen tragen. Meistens sind in diesen Tabelle Stundensätze festgelegt, die sich nach den ausgeübten Tätigkeiten und den dafür notwendigen formalen Qualifikationen richten. Fragt im Zweifelsfall nach.
Honorarpolitik der Verfassten Student*innenschaft:
Einige verfasste Student*innenschaften, deren Teil ihr vielleicht seid, oder bei denen ihr gern Geld beantragen möchtet, haben Maximalbeträge, die sie als Honorare auszahlen. Informiert euch diesbezüglich.
Auswege
Wenn ihr Gelder bei Geldgeber*innen mit Einschränkungen bzgl. Personalkosten beantragt, die ihr für politisch unhaltbar befindet, dann beantragt bei diesen Stellen lediglich Sachkosten. Diese entstehen häufig auch bei Veranstaltungen mit Personalkosten im Zusammenhang mit den Referent*innen, z.B. ihre Reise- und Übernachtungskosten. Die Geldgeber*innen können also immer noch eine konkrete Veranstaltung fördern, aber zahlen eben nur Sachkosten.
Wenn ihr mit der Honorarpolitik eurer verfassten Student*innenschaft unzufrieden seid, weil ihr sie für politisch nicht vertretbar haltet, dann überlegt euch, ob ihr darüber eine politische Auseinandersetzung starten wollt. Das sollte vielleicht nicht unbedingt im Zusammenhang mit einem Finanzantrag für euer Projekt stattfinden, aber kann nachgelagert passieren. Dafür braucht ihr Unterstützer*innen im StuPa/StuRa/Konvent, die eure Position teilen und diese ggf. für oder mit euch in den Gremien durchfechten.
In den seltensten Fällen gibt es tatsächlich rechtliche Einschränkungen für die Höhe von Honoraren. Die Gremien der studentischen Selbstverwaltung in verfassten Student*innenschaften verwalten ihre Gelder selbst und dürfen sich selber Regeln geben, wie sie dieses Geld ausgeben. Entsprechend sind Beschlüsse, etwa zu maximalen Honorarhöhen, eine politische Entscheidung, die auch immer wieder infrage gestellt werden kann. Eine Ausnahme stellt in viele Fällen leider Bayern dar, da es dort keine verfasste Student*innenschaft gibt.
Was ist bei unbezahlter Arbeit zu beachten?
Vermutlich organisiert ihr die Aktionstage in weiten Teilen ehrenamtlich. Das heißt aber nicht, dass eure Arbeit nicht in der Kostenaufstellung auftauchen sollte.
Ehrenamtliche Arbeit zählt zum Eigenanteil der Projektfinanzierung. Schätzt gut ab, wie viel Zeit ihr für welche Aufgabe aufwenden werdet und listet alles auf. Gruppiert die Aufgaben nach Oberthemen wie Veranstaltungsbetreuung, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung etc. und summiert die Stunden auf. Diese Stunden sollten wenigstens im Fließtext eures Antrages vorkommen.
Es ist auch möglich, diese Arbeitszeit in Geld umzurechnen und als Eigenanteil in die Kalkulation aufzunehmen. Wie das aussehen kann, seht ihr im Anhang unter Finanzierungsplan für eine Ausstellung mit einem Vortrag der Künstlerin inkl. Werbung.
Sachkosten
Etwas platt gesagt fällt darunter alles, was nicht unter Personalkosten fällt. Das heißt insbesondere Ausgaben für Reisen, Unterkunft, Verpflegung, Öffentlichkeitsarbeit (inkl. Lizenzen, Druck), einmalige Anschaffungen, Büromaterial, Mieten (und die evtl. anfallenden Nebenkosten), Transport (also Treibstoff), Kommunikation (Telefon, Internet, Porto) und Gebühren und Entgelte. Außerdem entstehen auch für ehrenamtlich Tätige Kosten, die ebenfalls in die Kostenaufstellung aufgenommen werden können. Dazu zählen unter anderem Fahrtkosten, Verpflegungskosten, Kommunikationskosten und Kinderbetreuungskosten.
Auch wenn ihr nicht alle Posten in eure Kostenaufstellung aufnehmen solltet, ist ein ehrliches und offenes Gespräch über den finanziellen Einsatz und die ökonomische Situation der Mitglieder in der Orgagruppe ausgesprochen hilfreich, um späteren Unstimmigkeiten in Bezug auf Arbeitsteilung vorzubeugen.
Beispiel:
Aufteilung Personal- und Sachkosten für eine Vernissage mit Vortrag und Bewerbung im Vorfeld
Öffentlichkeitsarbeit
Bei der Öffentlichkeitsarbeit für die Aktionstage geht es klassischerweise um Veranstaltungsbewerbung. Viele Gruppen haben mittlerweile eine eigene Homepage und eine Seite bei einem sozialen Netzwerk. Ebenso wird häufig noch auf Plakate und Flyer zurückgegriffen, um Veranstaltungen zu bewerben. Trotzdem bleiben ab und zu die Teilnehmer*innen aus. Für dieses Problem können wir leider keine einfache Antwort, aber ein paar Vorschläge bieten.
Wie bereits im Abschnitt Checkliste und Fahrplan für die Planung der Aktionstage angesprochen wird, ist die Frage nach den Zielgruppen für eure Veranstaltungen zentral. Wer soll eure Veranstaltungen besuchen? Wie soll eure Teilnehmer*innengruppe aussehen?
Wenn ihr diese Fragen geklärt habt, gilt es sich Gedanken zu machen, wo ihr eure Zielgruppe abholen könnt. Dabei geht es zum einen um den Sprachgebrauch eurer Werbung – und der Veranstaltung – und zum anderen auch um die Optik und die Platzierung.
Beispiel – Einbindung von lokalen Gruppen
Ihr plant eine Veranstaltung zu Sexismus im Fußball. Ihr wollt neben Student*innen auch Fans und Vereinsaktive mit der Veranstaltung erreichen. Es kann also bereits bei der Planung sinnvoll sein, ein Fanprojekt vor Ort anzusprechen und sich mit den Fußballvereinen im Breitensport in der Region vertraut zu machen. Mit dem Fanprojekt habt ihr häufig bereits kritische und engagierte Menschen an der Hand und mit den Fußballvereinen lässt sich auch bereits in der Planungsphase reden.
Überlegt euch vor solchen Gesprächen oder Emails, was ihr von den Gruppen, die ihr ansprecht/-schreibt, genau wollt. Sollen die Vereine Plakate für eure Veranstaltung aushängen und Flyer auslegen? Wollt ihr, dass das Fanprojekt explizit Personen anspricht, die das Thema interessieren könnte? Oder ihre Räumlichkeiten nutzen? Oder sollen sie vielleicht eine Einschätzung zur Situation vor Ort einbringen? Im Kontakt mit lokalen Gruppen und Vereinen ergeben sich häufig spannende Möglichkeiten.
Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass mit einer breiteren Zielgruppe auch die Sprache und die Optik der Veranstaltung(swerbung) angepasst werden muss. Sprecht mit der Referent*in darüber, was das für den Inhalt ihre Beitrages bedeutet und macht euch Gedanken darüber, wie ihr das Problem Sexismus im Fußball so beschreiben und bebildern könnt, dass es eure Zielgruppen möglichst gut anspricht. Ist das Wort Sexismus ein Begriff, unter dem sich alle das vorstellen, was ihr problematisieren wollt? Oder lohnt es sich eine andere Formulierung zu suchen? Welche Altersgruppe habt ihr im Sinn? Welche Optik könnte sie am besten ansprechen?
Safe und barrierearm veranstalten
Um einige Denkanstöße zu dem Thema bieten findet sich im Folgenden eine Checkliste, die an der Viadrina Universität verwendet wird und der Hinweis auf den Reader “Aus.Schluss Barrierefrei veranstalten!” des AK mob: http://www.ak-mob.org/category/broschuere-barrierefrei-veranstalten/
Barrieren beseitigen bedeutet, eine bestimmte Form von Herrschaft abzubauen. Mit Barrieren sind nicht nur Barrieren baulicher Art gemeint, wie z. B. Treppenstufen und fehlende Fahrstühle, sondern auch strukturelle Barrieren, die Partizipation verhindern, wie z. B. Finanzierung technischer Hilfe oder mangelnde Bereitschaft der Umgebung, auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen.
Im Folgenden findet ihr eine Checkliste, an der ihr euch bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen orientieren könnt. Die Liste soll helfen, Barrieren zu erkennen und zu beseitigen, insbesondere die die Organisation von Veranstaltungen betreffen. Eine perfekt barrierefreie Veranstaltung ist meist nicht zu erreichen und kann es vielleicht auch nicht geben, weil die Bedürfnisse von Menschen zu komplex und verschieden sein können. Auch ist Barrierefreiheit manchmal mit hohen Kosten verbunden, die aus einem studentischen Budget schwer bezahlbar sind. Dass nicht immer alles geht, heißt aber nicht, dass gar nichts geht. Viele Barrieren können mit wenig Aufwand und wenig Geld abgebaut werden. Eurer Kreativität sollten dabei keine Grenzen gesetzt werden!
Planung und Programm
- langfristige Planung 6-8 Wochen
- Beginn nicht vor 10:00 Uhr morgens
- klare Tagesstruktur, Programmpunkte transparent machen und sie vorstellen
- klare Pausen, pünktliches Ende
- Vortrag als Handreichung auf der Tagung
- Dokumentation im Internet in Wort (und Bild)
- Deutsche Untertitel bei Filmen und/oder Hörfilmfassungen (Audiodeskription)
Bewerbung und Veranstaltungen
- Verteiler auf Vielfalt überprüfen (wichtig ist auch online-Werbung)
- große Schrift für die Werbung und Veranstaltungsunterlagen (mindestens 12 Punkt)
- wenn farbig, dann kontrastreich (auch Kontrastabstand beachten)
- Weiß geht, wenn es nicht blendet, schwarze Schrift auf leicht gelbem Papier ist optimal
- KEIN Times New Roman (oder besonders schnörkelige Schrift); Arial ist okay; Verdana, Helvetica, Frutiga gut (also ohne Schnörkel)
- weniger ist mehr: Verzicht auf Muster und viele Farben /Formen
- Barrierefreiheit auf Websites beachten
- Übersichtsplan mit folgenden Informationen: Barrierefreie Parkplätze, Haltestellen, WC- Anlagen etc.
- Informationen nach der KISS-Regel („Keep it short and simple“)
- wenn es möglich ist, Gebärdensprachdolmetschung zu organisieren, darauf offensichtlich hinweisen (durch Piktogramme)
Verkehr
- Klare Anreisebeschreibungen
- Abholservice verfügbar machen
- Veranstaltung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar?
- Parkmöglichkeiten für Rollstuhlfahrer*innen und andere
- Ausreichende Ausschilderung
- Zugänglichkeit und Leitsysteme:
- Treppen
- Glastüren und -fenster markieren
- helping hands für Besucher*innen zur Verfügung stellen
- gute Akustik, Mikrofonanlage (oder Induktionsschleife)
- Beleuchtung sollte blendfrei sein (Lampen mit Raster)
- Sitztische für die Pause
- Tische sollten unterfahrbar sein (ohne Querverstrebungen)
- Türen auf Betätigung einer Drucktaste installieren
- Leitsystem(e) ist (sind) vorhanden
Toiletten
- Sollten ausreichend ausgeschildert und gekennzeichnet sein
- Toilettentüren sollten von außen abgeschlossen sein (Blinde/Sehbeeinträchtigte brauchen viel Sauberkeit, weil sie alles ertasten müssen)
- Sollten nicht als Abstellkammer verwendet werden
- Es gibt auch Rollstuhl-Dixi-Klos
Sitzplatzmöglichkeiten
- Extra-Rolliplätze bei Veranstaltungen, in Hörsälen und bei Konzerten empfinden einige Rollstuhlfahrer*innen als äußerst unangenehm – sie möchten lieber zwischendrin sitzen; für Blinde oder Schwerhörige sind vorgesehene Plätze in den ersten Reihen allerdings meist hilfreich; Alternativen bitte genau abwägen.
Essen bei Veranstaltungen
- Auf Kennzeichnung achten (Laktoseintoleranz; Glutenintoleranz; diabetisch; alkoholhaltig; Rind und Schwein; vegetarisch; vegan…)
- um Informationen nach dem Bedarf vorab bitten
- Erklärung durch helping hands
- Buffet erreichbar mit Rollstuhl
- Sitztische
- Pappteller können weiß sein, wenn Essen farbig ist
- Achtung: Durchsichtige Pappbecher und Mineralwasser (Verschüttungsgefahr!)
Gebärdensprachdolmetscher*innen und Schriftsprachdolmetscher*innen
- Wenn der Bedarf besteht, könnt euch für die Deckung der Kosten an studentische Initiativen, Vereine und Gremien wenden. Auch sollte überlegt werden, inwieweit die Kosten für das Dolmetschen aus dem Haushalt der Studierendenschaft bezahlt werden können.
Assistenz – Berücksichtigung individueller Bedürfnisse während der Veranstaltung
- Erfragen, ob eine Unterstützung benötigt wird und für Vorschläge offen sein
- Rückzugsräume und beruhigte Zonen schaffen, Pausen einplanen
Kommunikationsmittel für Blinde
- Immer alle Handlungen verbalisieren (“Ich komme jetzt an deiner rechten Seite vorbei.”)
- Konkretes Beschreiben (“da drüben”, dort hinten” vermeiden)
- U-Griff (blinde Person fasst mit Daumen und Zeigefinger um den Oberarm der Assistenz: Sehende gehen vor)
- Bei enger Passage: Hintereinandergehen; entweder blinde Person legt Hand auf Schulter der Assistenz oder man fasst sich an den Händen
- Bei Treppe: Ansage “treppauf”, “treppab”, KEINE Stufen mitzählen, erste und letzte Treppenstufe ansagen
- Orte anhand der Uhr erklären (“Erbsen auf halb 6”; “Ich habe Ihr Glas auf ein Uhr gestellt.”)
Kommunikationshilfe für Gehörlose/Schwerhörige Menschen
- Mimik, Gestik einsetzen (Pantomime einsetzen)
- Lautsprache schwierig (manchmal möglich))
- Schreiben!
- Blickkontakt (nicht zur Tafel reden!)
- NICHT Papier vor den Mund; auf Kaugummikauen verzichten
- Nicht fragen, ob verstanden, sondern so lange wiederholen, bis Gehörlose*r sagt, sie*er hat es verstanden
- Sich verständlich machen
- durch von der Seite sich vor jemanden stellen (NICHT von hinten antippen: Erschreckungsgefahr!)
- Gehörlose / Schwerhörige Menschen wollen in der Regel nicht begleitet werden („Ich bringe dich jetzt mal da hin.“, „Ich zeige dir mal das…“ etc.), weil es ihnen die Mündigkeit abspricht!